Kein Versicherungsschutz bei vorsätzlicher Gefahrerhöhung
Stellt ein Versicherungsnehmer („VN“) seinen Schlepper in einer mit Heu und Stroh gefüllten Scheune ab, auf dessen Dach sich eine Photovoltaikanlage befindet, und kommt es anschließend aus ungeklärten Gründen zu einem Brand in der Scheune, bei der auch die Photovoltaikanlage vollständig zerstört wird, dann verliert der Versicherungsnehmer wegen einer vorsätzlichen Gefahrerhöhung gemäß § 26 I VVG seinen Versicherungsschutz.
Das OLG München versagt Kläger den Versicherungsschutz
Das Oberlandesgericht München (Beschluss vom 1.8.2013 zum Az. 25 U 2756/12) ist der Auffassung, dass das mehrfache Abstellen des Schleppers über mehrere Stunden hinweg und ohne abgeklemmte Batterie in einer Scheune mit dort lagernden leicht brennbaren Gegenständen eine unzulässige Gefahrerhöhung gemäß § 23 I VVG darstellt. Der VN habe gewusst, das es sich hierbei um gefahrerhöhende Umstände handelte und damit die Gefahrerhöhung bewusst und gewollt (sog. Vorsatz) herbeigeführt, wodurch er seinen Anspruch gegenüber der Versicherung auf Versicherungsschutz verloren habe. Erschwerend kam hinzu, dass der VN im Versicherungsantrag nicht angegeben hatte, dass in dem Gebäude feuergefährliche Materialien gelagert werden. Die Zahlungsklage des VN wurde daher abgewiesen.
Der BGH hat Bedenken gegen die Begründung des OLG
Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, weil der Bundesgerichtshof es für unzulässig hielt (Urteil vom 10.9.2014 zum Az. IV ZR 322/13), nur allein wegen der Kenntnis von gefahrerhöhenden Umständen auf einen Vorsatz des Versicherungsnehmers zu schließen und ihm somit den Versicherungsschutz zu verwehren:
„…Der Entscheidung des Berufungsgerichts liegt ein fehlerhaftes Verständnis des Begriffs des Vorsatzes in § 26 Abs. 1 Satz 1 VVG in Abgrenzung zum Begriff der willentlichen (subjektiven) Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 1 VVG zugrunde. … Keinesfalls kann aber generell die Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände i.S. von § 23 Abs. 1 VVG mit der Schuldform des Vorsatzes in § 26 Abs. 1 Satz 1 VVG gleichgesetzt werden. … Ließe man es für Vorsatz ohne weiteres ausreichen, dass der Versicherungsnehmer wissentlich und willentlich in Kenntnis der maßgebenden Umstände eine Gefahrerhöhung vorgenommen hat, so wären kaum noch Fälle denkbar, in denen lediglich grob fahrlässiges, leicht fahrlässiges oder gar schuldloses Verhalten des Versicherungsnehmers in Betracht kommt. Damit wäre jedenfalls in den Fällen der willkürlichen Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 1 VVG das auch vom Gesetzgeber vorgesehene abgestufte Modell des § 26 Abs. 1 VVG mit der Abschaffung des Alles-oder-Nichts-Prinzips für diese Fallgruppe weitgehend obsolet….“
Der BGH verwies daher den Rechtsstreit zur Neuentscheidung an das OLG München zurück.