Kündigung: Die Tricks der Chefs
Auch in der aktuell guten wirtschaftlichen Lage besteht für jeden (leitenden) Arbeitnehmer die Gefahr, bei Umstruktuierungen oder Umsatzeinbrüchen des Unternehmens seinen Arbeitsplatz durch eine ordentliche oder fristlose Kündigung zu verlieren.
Kommt es zum gefürchteten Personalabbau, dann sind die Verantwortlichen immer wieder mit dem gleichen Problem konfrontiert: Die Trennung soll möglichst nichts kosten und die Leistungsstarken dürfen nicht der notwendigen Sozialauswahl zum Opfer fallen. Beides zu erreichen, ist aber nach deutschem Arbeitsrecht schier unmöglich!
Geschützt werden nämlich Arbeitnehmer mit Familie, Kranke und Ältere. Missachtet der Arbeitgeber die einschlägigen Bestimmungen, dann sind hohe Abfindungen fällig oder manchmal sogar die Wiedereinstellung.
Um dieser Zwickmühle zu entgehen, greifen die Arbeitgeber immer wieder zu besonderen arbeitsrechtlichen „Fußfallen“, um sich von missliebigen Mitarbeitern zu trennen. Besonders beliebt sind Fehler von Arbeitnehmern bei der Spesenabrechnung, häufiges Zuspätkommen, abnehmende Arbeitsleistung, Krankheit, Heimarbeit und Wutausbrüche.
Die Spesenabrechnung: ein arbeitsrechtliches Minenfeld
Sehr beliebt bei Arbeitgebern ist eine intensive Prüfung der Spesenabrechnung der leitenden Angestellten. Wer hier zu viel oder ungenau abrechnet, der kann mit einer fristlosen Kündigung sofort vom Arbeitsplatz entfernt werden, verliert einen eventuellen Anspruch auf Abfindung und unterliegt auch nicht mehr der Sozialauswahl. Und obwohl das Problem landläufig bekannt ist, führen viele Arbeitnehmer Ihre Spesenabrechnungen eher schlampig und ungenau. Besonders bei selbstgebuchten Reisen des Arbeitnehmers können Arbeitgeber einhaken: Denn wer als Arbeitnehmer die Spesenrichtlinien des Unternehmens dann nicht peinlichst einhält und nebenher gleichzeitig noch ein eigenes Fahrtenbuch führt, dem winkt bei einer Prüfung der Abrechnung alsbald die Entlassung.
Die Arbeitsgerichte versuchen dieser Entwicklung nunmehr einen Riegel vorzuschieben und haben in einigen Entscheidungen fristlose Kündigungen wegen Fehlern in der Spesenabrechnung des Arbeitnehmers für unwirksam erklärt: Die Abrechnung weniger Mehrkilometer ist dann unbeachtlich, wenn der Arbeitgeber keinen festen Fahrweg vorgegeben hat (LAG Hamm, 10 Sa 1044/06). Die Arbeitnehmer müssen auch nicht Rechnungen für teures Essen in jedem Fall kontrollieren.
Pünktlichkeit (… ist nicht nur die Höflichkeit der Könige)
„Arbeitszeitbetrug“ ist bei Arbeitgebern ein beliebtes Argument für eine verhaltensbedingte Kündigung. Allerdings muss konkret durch Dritte (Detektive oder Kollegen) bewiesen sein, dass sich ein Arbeitnehmer für das Nichtstun bezahlen lässt. Bloße Verspätungen, die vom Arbeitnehmer nachvollziehbar begründet werden und für den Arbeitgeber somit unwiderlegbar sind, reichen hierfür nicht automatisch aus, selbst wenn dies jedes Mal mit einer Abmahnung geahndet wird.
Vom „High Performer“ zur „Nullnummer“
„Faulpelze“ haben in unserem Rechtssystem immer noch gute Karten. Eine verhaltensbedingte Kündigung wegen schlechter bzw. unterdurchschnittlicher Leistungen ist für den Arbeitgeber kaum möglich. Das Bundesarbeitsgericht (BAG 2 AZR 752/06) urteilte jüngst, dass es grundsätzlich auf die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Arbeitnehmers ankommt, auch wenn andere Kollegen mehr schaffen. Das BAG bringt es mit folgenden Satz auf den Punkt: „Der Arbeitnehmer muss tun, was der soll, und zwar so gut, wie er kann.“ Dies gelte nur dann nicht, wenn im Arbeitsvertrag hierzu konkrete Vorgaben enthalten seien, die der Arbeitnehmer nachweislich nicht erfüllt.
Vor Gericht muss der Arbeitnehmer allerdings konkret darlegen, warum es ihm nicht möglich war, genau so viel zu schaffen wie die anderen Kollegen. Kann er hierfür sein Alter, eine Krankheit oder sonstige betriebliche Umstände darlegen, dann kann er die Wiedereinstellung oder eine hohe Abfindungszahlung als Ausgleich für sein Ausscheiden verlangen.
Firmenunterlagen und -eigentum gehören in den Betrieb
Arbeitnehmer sollten sich durch eine Prüfung ihres Arbeitsvertrages oder einer eventuellen Betriebsvereinbarung vergewissern, ob sie Dokumente und sonstige Unterlagen aus der Firma mit nach Hause nehmen können. Ansonsten eröffnet z.B. die Mitnahme von PowerPoint Präsentationen, Kundenaufstellungen und Geschäftsordnern dem Arbeitgeber die Möglichkeit zur sofortigen fristlosen Kündigung wegen eines Verstoßes gegen das Betriebsgeheimnis (LAG Sachsen 2 Sa 34/99 zur Mitnahme von Unternehmensdaten).
Auch das unberechtigte Versenden von Arbeitsunterlagen per EMail kann einen Kündigungsgrund eröffnen, denn in vielen Betrieben darf der EMail-Verkehr der Arbeitnehmer kontrolliert werden.
Selbst die „Mitnahme“ von kleineren, fast wertlosen Betriebsmitteln, wie z.B. Bleistift oder Kugelschreiber, rechtfertigt die fristlose Kündigung, die von den Arbeitsgerichten regelmäßig bestätigt wird (BAG 2 AZR 36/03 zur Kündigung bei kleineren Diebstählen).
Krankheit allein reicht nicht für eine Kündigung
Wenn der Arbeitgeber bereits alle Punkte erfolglos abgearbeitet hat, die eine fristlose oder verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen könnten, dann erfolgt der Griff zur Krankenakte. Denn lange Fehlzeiten in Verbindung mit einer chronischen Erkrankung und einer negativen Gesundheitsprognose können eine Kündigung rechtfertigen (BAG 2 AZR 292/06). Die Voraussetzungen im einzelnen sind:
- Der Arbeitnehmer war in den letzten drei Jahren mindestens sechs Wochen pro Jahr arbeitsunfähig erkrankt.
- Dem Unternehmen ist durch die Lohnfortzahlung o.ä. ein Schaden entstanden.
- Der Arbeitgeber kann eine negative Prognose für die zukünftige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers vorlegen.
Dem Arbeitnehmer bleibt in solch einem Fall nur die Möglichkeit, mit einer Aussage seines behandelnden Arztes (Entbindung von der Schweigepflicht notwendig) die Prognose zu widerlegen.
Nur selten werden die Arbeitgeber alle Punkte zur Zufriedenheit der Arbeitsgerichte erfüllen. Viele setzen in diesem Fall auf die fortdauernde Zermürbung durch immer wieder ausgesprochene Kündigungen, bis der Arbeitnehmer entnervt aufgibt.
Arbeitgeber sollten auch darauf achten, dass die Krankmeldungen stets korrekt erfolgen. Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, anzeigen. Nach drei Tagen hat ein ärztliches Attest vorzuliegen. Sollte der Arbeitgeber Zweifel an der Diagnose haben, dann kann er den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit einer Überprüfung beauftragen, die gegebenenfalls eine Nachuntersuchung durch einen unabhängigen Arzt vornehmen lassen. Und wer gar nachweislich beim „Blau machen“ erwischt wird, der bekommt sofort seine fristlose Kündigung.
Bitte beachten Sie, dass das Arbeitsrecht zu den Tätigkeitsgebieten und Interessenschwerpunkten dieser Kanzlei zählt!